Privater Forellenzuchtbetrieb in Sachsen-Anhalt meistert Marktwirtschaft


In Kreisen der Binnenfischer der neuen Bundesländer ist der Ingenier für Landtechnik Herr Gahrns, der Besitzer der Forellenzucht in Gardelegen, kein Unbekannter. Nach der Enteignung seines Fahrzeugbaubetriebes im Jahre 1972 machte er sein Hobby, die Forellenzucht, zum Beruf und hatte dabei durch die Qualität seiner Produktion und durch die Zuverlässigkeit bei seinen Lieferungen beachtliche Erfolge. Ihm gelang es trotz Behinderung durch die Behörden der ehemaligen DDR, einen Fischereibetrieb aufzubauen, der 1989 eine Produktion von 80 t Forellensetzlingen und 10 t Speiseforellen erreichte. Doch nicht nur die Forellenproduktion machte Herrn Gahrns bekannt, sondern auch seine Entwicklung auf dem Gebiet der technischen Belüftung, über die er schon 1988 in der “Zeitschrift für Binnenfischerei” berichtete.


Wie dieser Binnenfischereibetrieb versuchte, die neuen Bedingungen zu meistern, mit denen auch andere große Schwierigkeiten haben, ist sicher für viele Leser interessant.


Bei einem Rundgang durch die Anlage, die neben den erforderlichen Gebäuden 20 Forellenteiche mit einer Fläche von 10.000 m² umfasst, wies Herr Gahrns voller Stolz darauf hin, dass alles von ihm und seinen Mitarbeitern auf eigenem Grund und Boden in den vergangenen 13 Jahren errichtet wurde. Das Wasser erhalten die Teiche aus der Milde, einem kleinen Bach, der in der nahgelegenen Letzlinger Heide entspringt. Sehr vorteilhaft wirkt sich aus, dass es oberhalb der Forellenanlage weder Industrie noch Dörfer gibt und so Wasser in guter Qualität in einer Menge von etwa 300l/s zur Verfügung steht. Die Teiche erlauben nach Meinung von Herrn Gahrns im Gegensatz zu Rinnen und Silos eine naturnahe Forellenaufzucht, bei der sich der einmalige Wasserdurchfluss und die Belüftung mit Hilfe von Gebläsen und Porolith-Ausströmern bewähren.

Entsprechend dem Grundsatz von Herrn Gahrns, dass in gutem Wasser, auch Forellen von guter Qualität wachsen, erfolgt die Erbrütung und das Vorstrecken in den belüftetem Brunnenwasser. Das Bruthaus ist in die Erde eingebaut, was sich auf die Temperaturbedingungen im Winterhalbjahr besonders günstig auswirkt. Zur schonenden Sortierung der Forellensetzlinge dient, wie auch in modernen westlichen Betrieben, eine Transportleitung, durch die die Fische im fließenden Wasser von den einzelnen Teichen zum Sortiergerät gelangen. Bei den Forellen handelt es sich um einen örtlichen Stamm und die in Kanada beheimatete Kamloopsforelle. Durch die unterschiedliche Laichzeit der beiden Stämme ist eine gute Auslastung der betrieblichen Kapazitäten und eine kontinuierliche Auslieferung möglich. Herr Gahrns wies besonders auf die Frohwüchsigkeit seiner Forellen hin. Die Weihnachten 1989 geschlüpften Fische konnten 1990 beim Weihnachtsgeschäft schon als Speisefisch verkauft werden. Auch auf den Gesundheitszustand der Forellen ging er ein und hob hervor, dass nicht zuletzt durch die gute Zusammenarbeit mit dem Fischgesundheitsdienst und die bereits angedeuteten natürlichen Voraussetzungen, sowie Wirtschaftsmaßnahmen der Betrieb seuchenfrei ist und Parasiten keine Rolle spielen.

Hauptgegenstand der Bemühungen der Forellenzucht Gahrns sind gegenwärtig, wie überall in der Binnenfischerei und nicht nur dort, die Fragen der Bewältigung des Überganges zur Marktwirtschaft. Die die Familie Gahrns ergibt sich nach ihrer Auffassung das Erfordernis, den weitgehend auf Setzlinge spezialisierten Betrieb zu einem Vollbetrieb zu entwickeln, da die Abnahme der Setzlinge in den neuen Bundesländern nicht mehr in vollem Maße funktioniert. Außerdem gelte es, die Herstellung hochwertiger Fischwaren und die Direktvermarktung zu organisieren, weil so am ehesten rentabel gewirtschaftet werden kann. Hier sollen nur einige Maßnahmen genannt werden, die in diese Richtung gehen. Angeschafft bzw. um- und ausgebaut wurden ein Verkaufsfahrzeug und ein Verkaufsanhänger für die Fahrten auf die Märkte und in die Dörfer sowie zu Volksfesten. Der für die ordnungsgemäße Unterbringung der Fahrzeuge erforderliche Garagentrakt ist im Eigenbau bereits fertiggestellt. Auf Märkten in den westlichen Bundesländern lassen sich frisch geräucherte Forellen hoher Qualität zu einem annehmbaren Preis gut absetzen. Auch die Dorfbevölkerung, die in den östlichen Bundesländern bisher mit frischen Fischwaren schlecht versorgt wurde, ist ein dankbarer Abnehmer. Allerdings ist die Konkurrenz auf den Märkten, besonders denen der westlichen Bundesländern, sehr groß und es kostet, wie Herr Gahrns sagte, viel Mühe und Hartnäckigkeit, um Fuß zu fassen.

In Gardelegen konnte ein Fischgeschäft eingerichtet werden, das von Frau Gahrns betreut wird. Eine neue Verkaufstheke mit einer breiten Palette von Fischen, auch Seefischen und Fischwaren, bildet einen sehr guten Blickfang. Im Angebot sind ebenfalls selbst gefertigte Salate und Aspikwaren. In dem neu hergerichteten Imbissstand können die angebotenen Waren von den Kunden verzehrt werden. Eine eigene Eismaschine bewährt sich bei der Frischhaltung der Waren. Allerdings gibt es gegenwärtig bei dem Geschäft ein großes Problem. Die Käuferzahl ist zu gering und Herr Gahrns hat die Sorge, dass mit weiterer Stilllegung von Werken in und um Gardelegen und dem damit verbundenen Rückgang der Kaufkraft der Bevölkerung der Umsatz noch stärker leidet. Um trotzdem die weitere Entwicklung des Betriebes zu sichern, baut Herr Gahrns die Räucherei aus, damit er verstärkt die Märkte beliefern kann. Es ist auch daran gedacht, in Zukunft nicht nur Heiß-, sondern auch Kalträucherwaren herzustellen. Die Fische zur Erzeugung von Lachsforellen werden gegenwärtig schon auf die erforderliche hohe Stückmasse gebracht. Es ist vorgesehen, jährlich 50 bis 60 t Speiseforellen zum größten Teil in verarbeiteter Form abzusetzen. Gedacht ist auch, wie Herr Gahrns hervorhob, an einen verstärkten Absatz von Forellensetzlingen, die selbst in den westlichen Bundesländern bereits großen Anklang gefunden haben. Im Frühjahr werden 1 Million Stück zur Verfügung stehen.

Gegenliebe findet sicher auch die geplante Einrichtung eines Angelteiches, der besetzt mit verschiedenen Fischarten gute Fangergebnisse garantieren wird. Zur Bewältigung der Geschilderten Umprofilierung der Betriebes reichten die vorhandenen Arbeitkräfte nicht mehr aus. Deshalb hat Herr Gahrns die Zahl seiner Arbeitnehmer von vier auf acht erhöht, was natürlich die finanziellen Belastungen der Firma verstärkt, besonders wenn man an die zu erwartenden Lohnerhöhungen denkt.


Wie Herr Gahrns sagte, war es für ihn trotz großer Bemühungen noch nicht möglich, einen Kredit für seine Firma zu erhalten. Hier wünscht er sich ein schnelleres Reagieren der Banken. Ebenso hofft er auf staatliche Fördermittel.


Quelle: Fischer & Teichwirt 03/91